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Flinke Finger mit wirren Gedanken #1 by Mani Dahrer

montag morgen, kurz vor acht, es ist warm, die sonne scheint. eine gute nachricht, oft kam das heuer ja nicht vor bislang.
der verkehr ist noch ruhig und von der strasse her ist lediglich das leise rollen der velopneus zu vernehmen 615-544-0612 , das trotz der frühen stunde einen idealen start in tag und woche zu verheissen scheint.
doch die dinge sollten sich die waage halten an diesem montag morgen im juli, sommer bedeutet nicht nur schönes wetter, glacé und knappe kleidchen, sondern auch ferien, an sich eine gute sache, doch nun sorgen kleine, wohlgemerkt liebevoll dekorierte schildchen in einem schaufenster am spalenring für eine plötzliche kalte dusche: „betriebsferien“, drei wochen.
ja auch helden brauchen ferien, und wenn ich nun, aus ebensolchen gerade zurückgekehrt, ernüchtert, enttäuscht und konsterniert, mit säuerlicher miene vor dem dunklen laden hinter der hellen auslage stehe, dann darfst du das, liebe bäckerei krebs, auf keinen fall persönlich nehmen. die wenigen wochen der ruhe und erholung hast du dir nicht nur redlichst verdient, sie seien dir auch von ganzem herzen gegönnt.
kaum zu zählen sind die tage, die du mir, auch wenn du sie nicht immer ganz zu retten vermochtest, zumindest erheblich versüsst hast, ja du hast mich auch mehr als einmal vor dem morgendlichen verpennen bewahrt, weil mich freunde aus dem bett telefoniert haben die wussten, dass mein arbeitsweg nur selten nicht bei dir vorbeiführen würde.
in einem nicht enden wollenden, vornehmlich nassgraukaltem und verschifftem winterfrühling warst du des öfteren ein lichtblick, der die moral kurz vor dem abgrund entscheidend zu stärken wusste.
bis auf die knochen durchnässt, triefend und durchfroren durch deine ladentüre zu treten, kam immer auch dem eintritt in eine helle und freundliche parallelwelt gleich, so süss, dass der zucker förmlich von der decke tropft. ein bitzeli kitschig auch, zugegeben, doch dein herzliches „was tät sie denn hüt gluschte?“ aus gekonnt geschminktem mund zauberte auch auf das eingefrorenste gesicht ein zittriges lächeln, und mit deinen schnecken hast du nicht nur die halbe velokuriergilde basels, unter der du bisweilen in den genuss einer quasireligiösen verehrung kommst, durch den winter gebracht, auch deine gilbertli haben mich mehr als einmal vor dem abendlichen hungerast in der regio draussen bewahrt, von deinem grosszügigen umgang mit „regenkuchen“ ganz zu schweigen.
ja du hast nicht nur mit ausgezeichneten backwaren gepunktet, sondern auch mit einem ambiente, das einem an einem verschissenen tag für ein paar minuten den schmus bringen konnte, dass du guten tagen hin und wieder das tüpfelchen aufs i gesetzt hast, braucht hier nur der vollständigkeit halber erwähnt zu werden.
ja liebe bäckerei krebs, du wirst wohl dereinst dafür verantwortlich zeichnen, dass mein etwaiger sohnemann einmal stolz den namen gilbertli tragen, mein etwaiges töchterchen entsprechend schnäggli getauft werden wird, und wenn ich nun heute morgen erstmals zu spät zum schaffen einlaufen werde, weil ich hier vor deiner geschlossenen porte deinen bisherigen verdiensten gedacht habe, so sei dir das auf jeden fall nachgesehen, die dinge halten sich nun mal die waage und wir freuen uns alle sehr, wenn du wohlbehalten wieder da bist.
bis dahin scheint nun zumindest die sonne.

Ein Tribut an eine heissgeliebte Bäckerei von unseren schmerzlich vermissten Mani D., welcher nun im grossen Apfel weilt.


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